Nachhaltiger Durchblick
Darauf hatte ich mich während des ganzen Fluges nach Bali gefreut und schon beim Betreten des Kuta Beach fange ich an zu rennen, lasse auf halber Strecke zum Wasser die Strandtasche einfach fallen und laufe in die Brandung bis der Wasserwiderstand zu groß wird und ich kopfüber eintauche.
Als ich mich wieder aufrichte und mich dem Land zuwende, spüre ich, dass sich etwas um meine Wade wickelt. Und wenig später auch um die andere. Ich greife runter und finde an der linken ein Stück grünliche Plastikfolie, an der rechten ein orange, bröselige Einkaufstüte, wie man sie vom Gemüsehändler kennt.
Erst jetzt merke ich, dass vor und neben mir noch viele andere Folien treiben. Es ist jetzt doch ein bisschen mulmig und ich schiebe den Müll mit den Armen beiseite und gehe lieber erst mal wieder raus. Vor lauter Schwung und Vorfreude hatte überhaupt nicht bemerkt, wie viel Müll eigentlich auf den ersten Metern des feuchten Sandes liegt.
Ich entdecke eine Zahnbürste, eine Waschmittelflasche, einen Joghurtbecher, viele Plastikwasserflaschen und noch mehr Folien und Tüten.
Und einen Sonnenbrille. Dann ein Sonnenbrillenkunstoffglas und noch einen rosa Bügel einer Sonnenbrille.
Konsumgut Sonnenbrille
Denn natürlich sind auch Sonnenbrillen längst ein Verbrauchsprodukt geworden. Ich kenne nur noch wenige, die Sonnenbrillen mit richtigen Gläsern besitzen, dafür eine nennenswerte Summe hinlegen und entsprechend pfleglich mit ihnen umgehen. Meist nur Menschen, die einen besonderen Schliff, ein auf sie angepasstes Brillengestell oder eine bestimmte Tönung der Gläser brauchen.
Alle anderen kaufen ihre Sonnenbrillen meist von der Stange bzw. vom Drehständer im Kassenbereich eines Drogeriemarktes und geben dafür nur selten mehr als 20 Euro aus.
Ich selbst habe zu Hause fünf oder sechs davon und alle sind aus dem gleichen Material wie die, die hier vor mir liegen. Aus Plastik.
Weil sie so günstig sind, geht man auch nicht so sorgsam mit ihnen um wie beispielsweise mit einer Lesebrille. Oft werfe ich sie ohne Etui in die Handtasche und pro Tag segelt sie mir mindestens einmal vom Kopf.
Sonnenbrillen sind eben mittlerweile ein Wegwerfprodukt. Wo sie dann nicht selten landen, sehe ich zu meinen Füßen.
Ein Meer aus Müll
Schon 2013 befanden sich nach Angaben des Umweltbundesamtes bis zu 150 Millionen Tonnen Müll im Meer. Der WWF schätzt, dass drei Viertel davon aus Plastik ist. Bis zu seiner Zersetzung können 350 bis 400 Jahre vergehen. Viel davon ist der Rest von Einmalverpackungen wie etwa Plastikfolien. Die werden durch Wellenbewegungen und die UV-Strahlung der Sonne in immer kleinere Partikel unterteilt, die Fische und Vögel dann mit ihrer natürlichen Nahrung verwechseln und qualvoll daran zu Grunde gehen.
Besonders eindrücklich ist das Bild eines verendeten Wales, dessen Magen randvoll mit Plastikmüll ist.
Doch es sind nicht nur die Folien und Tüten, sondern auch Einmalrasierer, Strohalme, Handyteile, Zigarettenkippen und eben Sonnenbrillen.
Eine andere Sichtweise
Für letztere gibt es aber mittlerweile sehenswerte Alternativen. So gibt es Hersteller, die bei der Gestaltung ihrer Brillengestelle auf natürliche Materialien wie Holz, Stein, Pappe und Bambus setzen.
Andere nutzen Recycling-Material für ihre Designs und setzen auch danach auf nachhaltige Rohstoffkreisläufe.
So benutzt ein Hersteller als Ausgangsmaterial für seine Brillen beispielsweise alte Fischernetze, die vor der chilenischen Küste aus dem Meer gefischt werden. Wenn die Brille dann zerkratzt oder in anderer Weise beschädigt ist, kann man sie zurückschicken, damit aus ihr neue Brillen werden können und sie eben nicht irgendwann am Strand von Bali landet.
Ein anderes Unternehmen verwendet für seine Brillen Verschnittreste aus der nachhaltigen Holzindustrie und Baumwollsamen und pflanzt für jede verkaufte Brille einen Baum in Nicaragua.
Auf die Spitze treibt den Gedanken der nachhaltigen Sonnenbrille ein Berliner Unternehmen, das seine Fassungen von Hand aus Pappe herstellt. Damit sich die Brille nicht gleich beim ersten Regen oder durch den eigenen Schweiß auflöst, ist die Papp-Konstruktion geölt und damit wasserfest.
Wer nun glaubt, um auf Plastik-Brillen verzichten zu können, müsse man rumlaufen, wie in den Altpapiercontainer gefallen oder mit Laubsägenarbeiten auf der Nase, täuscht sich. Die Sonnenbrillen sind selbstverständlich leicht zu tragen, auf der Höhe der Mode und bei Holzfassungen durch ihre einzigartige Maserung sogar besonders individuell.
Eine Übersicht über einige Anbieter von Sonnenbrillen aus Naturstoff- oder Recycling-Materialien gibt es hier.