Ein Regenbogen über Myanmar
Für Unternehmen, die verantwortungsbewusste und ethische Herstellungsprozesse in ihr Selbstverständnis aufgenommen haben, gehören Fair Trade, Ressourcenschutz, Frauen- und Familienförderung und Nachhaltigkeit in den produzierenden Schwellenländern längst zum Handwerkszeug. Die Belange von Lesben, Schwulen und Transgendern haben dagegen nur die wenigsten auf der Uhr.
Es war ein weiterer Meilenstein als die drei in Regenbogenfarben gestalteten Fähren am Ufer des Yangon Rivers vorbeifuhren. Zwar fand in diesem Jahr schon zum fünften Mal der Yangon Pride statt, doch erst im vergangen Jahr erlaubten die Behörden Myanmars ein Fest im Thakin Mya Park nahe des Flusses.
Gleichgeschlechtliche Liebe ist in Myanmar auch nach dem Ende der Militärdiktatur noch verboten und kann mit lebenslanger Haft bestraft werden. Damit gehört das südostasiatische Land auch nach seiner Öffnung weltweit zu den Schlusslichtern im Bezug auf LGBT*-Menschenrechte.
Dass es den Yangon Pride überhaupt gibt, ist vor allem westlichen Instituten aus Europa – darunter auch Deutschland – zu verdanken. Zusammen mit Colors Rainbow gründeten sie im Jahr 2012 ein Netzwerk für die Rechte von LGBT*, das derzeit aus 25 Mitgliedsorganisationen aus zehn verschiedenen Ländern besteht. Gemeinsam treten sie für die Belange von homosexuellen und transidenten Menschen ein und werben für Gleichberechtigung und Schutz vor Diskriminierung durch Medien, Polizei und Gerichte.
Hierbei können auch die im Land engagierten ausländischen Unternehmen aktiv ihren Teil beitragen. Die Initiative Colors Rainbow sieht gerade hier Handlungsbedarf: „Es fehlt das Verständnis von unterschiedlichen sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten. Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender werden an ihren Arbeitsplätzen oft wegen ihrem Auftreten und Erscheinungsbild diskriminiert“, schreibt Colors Rainbow auf ihrer Website.
Den meisten Arbeitgebern sei nicht einmal bewusst, dass sie auch LGBT* in ihrer Belegschaft haben. Andere hätten eine ablehnende Haltung, die vor allem auf Stereotypen beruhe. Auch seien LGBT* von Mobbing und herabwürdigendem Verhalten betroffen.
Um dieser Situation entgegen zu treten, hat Colors Rainbow nun ein Programm zur Verbesserung der sozio-ökonomischen Lebensumstände für Lesben, Schwule und Transgender aufgelegt. Das Workplace Equality Program richtet sich dabei an Unternehmen, Mitarbeiter*innen aber auch an die Ministerien für Arbeit und Immigration. Außerdem sollen damit die LGBT*-Arbeitnehmer*innen über ihre Arbeitsrechte und ihren Anspruch auf Schutz vor Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgeklärt werden.
Akzeptanz vorleben
Dieser Einsatz ist dringend notwendig. Erst vor wenigen Tagen löste der Selbstmord des 26-jährigen Kyaw Zin Win weltweit Trauer aus. Der junge Mann war von einem Kollegen zwangsgeoutet worden und hatte daraufhin seine Stelle in der Bibliothek der Myanmar Imperial University (MIU) verloren. Es folgten Beschimpfungen und homophobe Kommentare in den sozialen Netzwerken.
Hier können vor allem ausländische Unternehmen in Myanmar vorleben, welche internationalen Standards im 21. Jahrhundert auch bei der Frage von LGBT*-Rechten anzulegen sind. Die Signalwirkung übersteigt die des erhobenen Zeigefingers aus dem Ausland bei Weitem, wenn Firmen selbst Benchmarks im Umgang mit Schwulen, Lesben und Transgendern setzen.
Verschiedene queere Interessenvertretungen und Menschenrechtsorganisationen hatten nach Kyaw Zin Wins Selbstmord in öffentlichen Schreiben an die Myanmar Universität Konsequenzen gefordert. Der Erfahrung nach verhallen solche Appelle aber ungehört. Wirklichen Wandel können nur die Player vor Ort leisten.
Damit Kyaw Zin Wins letzter Wunsch wahr werden kann: In seinem letzten Facebook-Post wünschte er sich „nicht in einem Land wiedergeboren zu werden, in dem die Stärkeren die ihnen Unterlegenen unterdrücken.“